De Reis (1983)

Objekt für reisende Ausstellung "Grenzeloze inhoud", Nederlandse Kunststichting, Amsterdam (NL)

Kunst kann eine Methode sein, sich dem Unbewussten anzunähern. Ein Koffer als Selbstporträt, Gepäck als Resultat von demjenigen, was mit zurückgenommen wurde von einer Reise zum Innersten.
Bei Klaus Boegel´s Projekt mit dem Titel „Tigermann“ (1979-1981), spielte das Reservat, eine Metapher für das Unbewusste, eine grosse Rolle: ein düsteres, manchmal kaum zu durchdringendes Gebiet, in dem geheime Gedanken, Gefühle, Leidenschaften verborgen gehalten werden; „Mein Reservat ist der Ort meiner verborgenen Träume“ (Tigermann). Boegel´s Arbeit kann typisiert werden als ein Versuch immer weiter, tiefer in das Reservat, in sich selbst durchzudringen.
Boegel´s ursprünglicher Vorschlag für diese Ausstellung bestand aus dem Füllen des Koffers mit Farbpigment in den Farben der Deutschen, beziehungsweise Niederländischen Flagge, die sich diagonal überschneiden sollten. Auf der Hälfte der diagonalen Linie, so der Plan, sollte ein goldfarbenes Viereck befestigt werden; mit einem Polaroidfoto des Künstlers. Zwei goldfarbene Platten in der Hand überkreuzen sich. Genau über dem Schnittpunkt der Platten erscheint Boegel´s Gesicht, bemalt in den Farben der Niederländischen Flagge. Zwischen seine Zähnen hat er ein kleines Papierfähnchen geklemmt, in den Deutschen Farben.
Der Titel dieses Vorschlags, Grenzgänger, bedeutet so etwas wie „jemand der an der anderen Seite der Grenze arbeitet“, und in allgemeinerer Bedeutung: „jemand der Grenzen überschreitet“. Die erste Übersetzung passt zu Boegel´s persönlicher, neuester Vergangenheit: 1975 kam er aus Westdeutschland in die Niederlande, seitdem wohnt und arbeitet er hier.
Seine gegenwärtige Arbeit wird maßgeblich beeinflusst durch die Wechselwirkung zwischen seiner Deutschen Vergangenheit und seinem jetzigen Aufenthalt in den Niederlanden. Aber auch die zweite Übersetzung des Wortes Grenzgänger passt auf Boegel´s Person und Arbeit: der Künstler der immer „auf der Reise“ ist, Grenzen überschreitet, immer weiter geht, aber dessen Wege doch immer bestimmt sein werden durch seinen kulturellen Hintergrund.
Zwischen dem Einreichen dieses Vorschlags und dem Abliefern des Koffers lagen ungefähr fünf Monate. Der ursprüngliche Vorschlag ging Boegel nicht „weit“ genug, blieb zu anekdotisch, er setzte seine Reise fort.
Der letztendliche Inhalt seines Koffers besteht aus schwarz, rot und goldenem Farbpigment, in einer dicken Schicht auf dem Boden des Koffers und in einem dünnen Schleier auf den Wänden. Auf dem Boden im Farbpigment ruht ein kleiner, zugeschweisster, schwerer Koffer.
Statement des Künstlers: „Im erst durchsichtigen, neuen, flott gestyltem und Bewegung suggerierendem Plastikkoffer zeichnen sich die Umrisse eines anderen Koffers ab: undurchsichtig, schwer, statisch, matt glänzend, seinen Inhalt in zugeschweisstem Eisen den Blicken entziehend. Es scheint, als ob er die Bewegung aufhält, in einer geronnenen Wellenbewegung festgehalten wird, sind die Farben: Schwarz, Rot, Gold zufällig oder haben sie etwas zu bedeuten? Es scheint als ob der Koffer alt ist, als ob er immer schon da gestanden hat... Welcher Koffer wird dann auf die Reise mitgenommen? Ist es der neue oder der alte Koffer, Bewegung oder Stillstand, Veränderung oder Wiederholung? Was ist in dem eisernen Koffer? Ein Stück persönliche Geschichte...das Erbe von Vorfahren...ein Auftrag?“ (Evelyn Beer)