Erdflug, Wasserturm Geldern (2023)

Einlass zum Turminneren bietet in der 1. Etage die Welt des „Vogelmannes“ von Klaus Boegel. Der mit Federn gekennzeichnete Eintritt auf der Schwelle des obersten Treppenabsatzes führt in einen abgedunkelten Raum, der nur spärlich mit einer Glühbirne beleuchtet und von einem mittig platzierten überdimensionalen Ei dominiert wird. Großformatige Selbstporträts zeigen poetische Metamorphosen dieser Figur. Das dämmrige Kunstlicht des Raumes verstärkt die spirituelle Aura dieses Wesens, dem Herrn der Lüfte, der im Turm jedoch unten, im bodenständigen Milieu, seinen Lebensraum gefunden hat.
Diese Installation dient als Einstimmung und Vorbereitung auf die Performance in der 2. Etage, in der eine weitere Daseinsform des „Vogelmannes“ auf Kaaren Beckhofs abstrakte Figur des „Wasserturms“ trifft. Dort, mit nackten Oberkörper auf dem Bauch liegend, gleich dem griechischen Ikarus, schwebt ein großer, schwerer Kokon über ihm, der langsam in Bewegung gerät. Hände und Füße der Künstlerin werden sichtbar, und sie lässt sich kopfüber hinabgleiten, greift eine mit feinstem Steinstaub gefüllte Schale und zeichnet ein labyrinthisches Ornament auf den Rücken des Künstlers, zieht sich wieder in ihren Kokon zurück, um beim nächsten Hinausgleiten gestreckt an Flügelbewegungen zu erinnern und schließlich in schnellen Drehbewegungen einen Kreis um ihn herumzustreuen.
(Beate Schindler)